Manchmal
hab ich so viel auf meinen (oft imaginären) To-Do-Listen stehen, dass ich
nachts schon davon träume, wie viel ich noch erledigen und erreichen muss.
Dabei habe ich als Studentin/Diplomandin mit meinem
Eigentlich-vom-Zeitaufwand-nicht-der-Rede-wert-Nebenjob gar nicht so viel zu
tun - aber ich schaff es trotzdem immer wieder, mich wunderbar selbst zu
stressen und halb wahnsinnig zu machen.
Eins gleich vorweg: Es ist nichts Existenzbedrohendes, worüber
ich mir Gedanken mache, sondern es handelt sich um first world problems, was aber NICHT
heißt, dass diese Gedanken für mich weniger nervtötend sind. Schließlich hab ich
ja nichts anderes, worüber ich mir Sorgen machen und mich ärgern muss, denn ich
bin weder von nagendem Hunger noch von akuter Armut bedroht und ein
Kriegsausbruch ist im friedlichen Österreich in nächster Zeit auch nicht
abzusehen.
Und wenn
man nichts wirklich Lebensbedrohendes hat, worüber man sich Gedanken machen kann,
dann kommt sie, die To-Do-Liste, die eigentlich Ich-muss-besser-werden-Liste
heißen sollte. Hier meine ganz persönliche:
Ich muss
jeden Tag perfekt und gut kochen. Ich schimpfe mich Foodbloggerin, verdammt!
Andere Foodblogger machen Blätterteig, Ricotta und Suppenwürze selbst. Wie
machen die das, zur Hölle?!
Ich muss
mich gesünder ernähren, ich muss meinen Eier- und Milchproduktkonsum
einschränken. Die armen Tiere. Vegan essen ist so gesund. Und überhaupt.
Ich muss
jeden Tag etwas für meine Diplomarbeit tun. Andere Studenten arbeiten drei
Monate an ihrer und sind fertig. Und ich? Ich bin eine Versagerin, die über ein
Jahr an ihrer herumfuhrwerkt und immer noch nicht damit abgeschlossen hat.
Ich muss
mehr Geld sparen, damit ich für den Notfall etwas habe. Zwar gebe ich schon
viel weniger aus als vorher, aber von dem, was noch übrig ist, kann ich sicher
noch was fürs Sparbuch abzweigen! Andere Leute haben in meinem Alter schon ein
Auto abbezahlt!
Ich muss
bis zu diesem Zeitpunkt mit allem fertig sein, sonst bekomme ich nächstes Jahr
keine Stelle.
Ich muss
ordentlicher und kreativer beim Einrichten werden. Alle anderen haben immer so
tolle, schöne, perfekt dekorierte Wohnungen!
Ich muss
mehr Zeit mit sinnvollen Tätigkeiten verbringen. Ich könnte zum Beispiel mehr
Zeit mit Klarinettenüben verbringen oder endlich mal den Kasten ausräumen.
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"Was, du rennst schon wieder in der Gegend herum und machst schlechte Fotos? Hopphopp, an den Schreibtisch!" |
Ich muss
nett zu allen Menschen sein. Nett sein ist wichtig.
Ich muss
mich besser schminken lernen. All diese Schminkblogger sind immer so toll
angemalt, das sieht spitze aus. Ich will das auch.
Ich muss
mich mehr auf die wichtigen Dinge des Lebens konzentrieren. Focus, focus,
focus.
Aaargh.
Dann kam
dieser Artikel, den das Provinzkindchen auf Facebook geteilt hat. Wer mag, kann
jetzt kurz rüberklicken und sich die schlauen Worte durch den Kopf gehen
lassen. Für die unter euch, die nicht so gern auf Englisch lesen, hier die
Kurzzusammenfassung:
Die Autorin findet, dass To-Do-Listen oft Erwartungen in einem wecken, die nicht zu erfüllen sind, weil man einem Ideal nachjagt, das man nicht erreichen kann. Dies ist vor allem der Fall, wenn man so sein will wie andere, aber innerlich weiß, dass das nicht geht. Deshalb sollte man von der To-Do-List alles eliminieren, was einen zu jemand anderem macht, denn das geht nicht. Die Lösung? Eine Don’t-do-List, die sich auf die Dinge konzentriert, die einen selbst ausmachen. Ist das nicht schön?
Die Autorin findet, dass To-Do-Listen oft Erwartungen in einem wecken, die nicht zu erfüllen sind, weil man einem Ideal nachjagt, das man nicht erreichen kann. Dies ist vor allem der Fall, wenn man so sein will wie andere, aber innerlich weiß, dass das nicht geht. Deshalb sollte man von der To-Do-List alles eliminieren, was einen zu jemand anderem macht, denn das geht nicht. Die Lösung? Eine Don’t-do-List, die sich auf die Dinge konzentriert, die einen selbst ausmachen. Ist das nicht schön?
Also:
Ich muss
nicht jeden Tag mit frischen Zutaten kochen. Auch wenn ich gerne koche und
ausprobiere: Es ist auch okay, ab und zu Halbfertig- und Fertigprodukte wie Golden Curry oder Blätterteig zu verwenden. Meine Zeit ist mir nämlich zu schade,
um täglich alles selbst zu produzieren und dreimal am Tag den Geschirrspüler
ein- und auszuräumen.
Ich muss
mich nicht einschränken, was meine Ernährung betrifft, denn ich bin schon
ziemlich brav. Wenn ich Lust auf Eier und Milchprodukte habe, dann esse ich
sie. Bei den Mengen, die ich zu mir nehme, brauche ich kein schlechtes Gewissen
zu haben.
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Wirklich nicht. |
Ich muss
nicht jeden Tag an meiner Diplomarbeit arbeiten, denn mein Thema ist sehr
umfangreich. Klar, es gibt Themen, sie sind übler als meins, aber ich hab es
mir schon selbst sehr schwer gemacht – zynischer O-Ton einer Kollegin, nachdem ich ihr von
meinem Forschungsaufbau erzählt habe: „Oh, du schreibst also eine Diss?“. Dass
man da ab und zu etwas Abstand braucht, sollte selbstverständlich sein, doch wie
schon mein Freund Egmont sagte: „Als Student hat man nie frei – man sollte
immer was tun, weil man ja eh nichts zu tun hat“. Und genau deshalb nehme ich mir
sonntags frei.
Ich muss
nicht mehr Geld sparen. Dass ich überhaupt etwas zurücklege und jedes Monat auf
die Bank trage, ist schon ein großer Sieg, denn Sparen habe ich eigentlich nie
richtig gelernt.
Ich muss
nicht bis zu diesem speziellen Zeitpunkt mit allem fertig sein – auch wenn ich
natürlich fertig werde! – denn selbst wenn etwas dazwischen käme, ergibt sich
nächstes Schuljahr etwas Positives. Der weltbeste Freund hat schon recht: „Cross
the bridge when you face it“.
Ich muss
nicht ordentlicher werden und eine Innenarchitektin in spe werden, um jemand
anderem etwas zu beweisen. Inneneinrichtung ist wirklich nicht meine Stärke, wie
jeder erkennen kann, der einmal bei uns zu Besuch war. Aber ich mag unsere
Wohnung trotzdem sehr, weil sie unsere Höhle mit unseren Sachen ist. Ob die
Blumenvase zur Tischdecke und die Tischdecke zur Wandfarbe passt, ist mir
eigentlich, ganz ehrlich gesagt, auch komplett wurscht.
Ich muss nicht
mehr Zeit mit sinnvollen Tätigkeiten verbringen. Freizeit und
Freizeitaktivitäten sind immens wichtig, damit man nicht durchdreht. Ja, mir
hilft es beim Runterkommen, wenn ich die neuen Pokémonfolgen auf Japanisch mit englischen Untertiteln anschaue. Und nein, ich schäme mich NICHT dafür! ;)
Ich muss
nicht meine vielen Freizeitaktivitäten einschränken. Anime, Manga, kochen,
lesen, bloggen, fotografieren, zwei Musikgruppen. zwei Romane gleichzeitig
schreiben – ganz schön viel zu tun! Aber dass ich so viel tun kann und will,
geht nur noch jetzt. Solange es geht, werde ich es auskosten.
Ich muss
nicht nett zu allen Menschen sein. Es hilft zwar in vielen Lebenslagen, wenn
man prinzipiell anderen freundlich gegenüber tritt, aber wer arschig zu mir
ist, hat es nicht verdient, freundlich behandelt zu werden. Punkt.
Ich muss
mich nicht besser schminken – auch wenn ich dank der Liebelle mittlerweile
gelernt habe, einen Lidstrich zu ziehen, der nicht aussieht wie von einem
Parkinsonleidenden gemalt – ungeschminkt geht es mir, meiner Haut und meinen
Augen besser. (Und hey, ich seh auch ohne Make-up gut aus, wird behauptet ;))
Ich muss
mich nicht mehr auf die „wichtigen Dinge des Lebens“ konzentrieren. Wer
bestimmt überhaupt, was diese wichtigen Dinge sind? Und wer weiß schon heute,
was mir in zehn Jahren wichtig sein wird?
Puh, das
war richtig befreiend, das alles niederzuschreiben! Kennt ihr diesen Druck, anderen nachzueifern und immer "besser" werden zu müssen, auch? Wie geht ihr damit um? Und was wäre auf eurer
Don’t-do-Liste?
Ich finde auch, dass wir das Müssen öfter mal von uns abstreifen sollten. Wer sagt, denn dass man etwas bestimmtes muss? Tu was dir Spaß macht, der Rest ist zweitrangig und rechtfertigen msust du dich nur vor dir selbst...
AntwortenLöschenMan muss zu viel müssen, stimmt :( Aber das Rechtfertigen ist oft so schwierig, weil man dann ja doch nicht NUR für sich lebt...
LöschenDas unterschreibe ich so! Meine Sachen, die ich machen muss oder nicht gut kann, sind zwar andere, aber ich kenne das gut!
AntwortenLöschenIn einem Anflug von "hilfe, ich bin dumm" hab ich mir neulich lauter literarisch wertvolle Bücher gekauft, aber ich bin gerade so überhaupt nicht gut drauf und drum gönne ich mir jetzt einfach chicklit vom feinsten :)) muss auch mal sein. Und eigentlich sind wir sowieso gut so wie wir sind, wir glauben immer nur dass alle anderen besser sind!
jup ich unterschreibe mit ! kenn ich nur zu gut !
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