Man sollte ja nicht jeden Trend mitmachen, wurde mir gesagt, aber manchmal kommt es anders als man denkt.
Vor dem letzten Urlaub war ich beim Buchhändler meines Vertrauens, um mir Lesestoff für die entspannenden Stunden in der Therme zu besorgen – immer nur herumliegen und -blubbeln ist ja auch fad. Mein Auge fiel auf ein wunderhübsch anzusehendes Buch mit dem klingenden Namen „Eating Animals“. Irgendwo im Hinterkopf hatte ich, dass ich das Ding schon immer mal lesen wollte, und so wanderte es gemeinsam mit einigen anderen ins Einkaufskörbchen.
Zwei Tage später hatte ich es fertig gelesen und zum ersten Mal in meinem Leben war ich an dem Punkt, an dem ich kein Fleisch mehr essen wollte, obwohl es mir gratis angeboten wurde. Die Schilderungen über die Praktiken in Schlachthäusern waren dermaßen grauenhaft, dass mir übel wurde. (Ich gehöre eher zu der Sorte, die das geschriebene Wort schlechter verdaut als visuelle Reize, denn Schlachthausvideos etc. hatten bisher eher weniger Effekt auf mich. Warum eigentlich?) Ins Detail gehen will ich hier nicht, aber sagen wir es mal so: Für schwache Nerven ist das Buch nichts. Ich beschloss also, meinen ohnehin schon sehr vegetarischen Lebensstil noch etwas auszubauen und Fleisch in der Heimküche vorerst, so gut es geht, zu vermeiden. Nicht, dass ich etwas gegen ein gutes Steak einzuwenden hätte – wer mich kennt, weiß das ;) – aber im Moment ist mir wirklich die Lust darauf vergangen. (Da der weltbeste Freund aber findet, dass ein Sonntagsessen ohne Fleisch ein schlechtes Sonntagsessen ist, wird sich der Fleischkonsum im Hause spross wohl nicht ganz aufhören. Noch nicht.)
Einfach ist es nicht, dem Fleisch aus dem Weg zu gehen. Meist bestehen die vegetarischen Gerichte aus zachem Gemüse in Rahmsoße oder totgekochten Kartoffeln, die nicht besonders berauschend schmecken, oder es wird Fisch als Alternative für Vegetarier angeboten. (Ich muss gestehen, dass ich gerade bei Fisch schon ein paar Mal schwach geworden bin.) Gerade am Land hat man es nicht einfach, denn da sind Vegetarier eher deppate Exoten, die zu viel Geld und zu wenig Verstand haben, um das gute Fleisch schätzen zu können. Prinzipiell wird einem als (Pseudo)-Vegetarier gerne diverses Essen verleidet, indem es entweder Rindsuppe, Speckwürfel oder Schinkenstreifen enthält. Die gute SarahSatt hatdazu noch mehr geschrieben.
Der freundliche D., selbst Veganer, dachte sich vor ein paar Tagen wohl, dass er mein nobles Ansinnen unterstützen sollte, und hat mich zum Seitanmachen ins Spektral eingeladen. Seitan ist eine Art Fleischersatz aus Weizenmehl, den ich schon einige Male gegessen hatte, und jedes Mal ganz fasziniert war, dass die Konsistenz des Zeugs beim ersten Mal Hinbeißen so verdächtig Fleisch ähnelt. Natürlich war ich Feuer und Flamme und heute war es dann soweit. Für Interessierte habe ich auch ganz brav alles dokumentiert :)
Prinzipiell ist es so, dass Mehl mit Wasser zu einem pizzateigähnlichen Teig verknetet wird. Anschließend muss der Teig einige Zeit ruhen. Ich war in der Zwischenzeit damit beschäftigt, Fotos zu machen. Das Spektral ist nämlich ein sehr einladender und netter Ort, wo es immer ganz viel gutes veganes Essen und viele Zutaten zu sehen gibt!
Das Gemüse, das man hier oben sehen kann, ist übrigens gedumpstert, d.h. es wurde aus dem Müll gefischt. Soweit ich sehen konnte, war alles ok, aber halt nicht mehr wunderschön anzusehen. Die Tomaten waren aber sehr lecker!
Zurück zum Seitan: Nach der Ruhephase muss der Teig nun in kleine Stücke gerissen und gewaschen werden, um die Stärke aus der Masse zu entfernen. D. und ich haben das in einer Schüssel mit lauwarmen Wasser gemacht, laut meiner Internetrecherche kann man das aber auf die verschiedensten Arten angehen. Hier findet ihr übrigens noch ein sehr nettes Video zur Seitanproduktion. Das Wasser in der Schüssel änderte während des Vorganges seine Farbe von langweiligdurchsichtig zu erschreckendweiß.
+matschmatschmatsch+
Irgendwann sollten die Stücke dann eine gummiähnliche Konsistenz bekommen. Ja, Gummi.
Hirn mit ohne Ei?
Das Zeug wurde dann wieder zusammengeknetet und in heißem Wasser gekocht. Fertig aus dem Kochwasser gefischt sieht Seitan dann so aus:
Besonders schick ist der Abdruck vom Topf, der an Tintenfischsaugnäpfe erinnert ;)
Anschließend haben wir es in Stücke geschnitten und mariniert. In der Marinade sind unter anderem passierte Tomaten, Knoblauch, Salz, Pfeffer, gemahlener Kümmel, Thymian, Grillgewürz und... Naja, frei Schnauze halt einfach alles kombiniert. Ich bewundere Menschen, die das können!
D. meinte, ich solle meine Portion bis morgen Mittag in der Soße lassen und dann in der Grillpfanne zubereiten. Dein Wunsch sei mir Befehl, Seitanmaster! Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt auf das Ergebnis und den Geschmack.
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