02.03.2014

GELESEN: Der Schrecksenmeister

Dies hier hätte gut und gern auch ein Bücherblog werden können – denn ich lese mindestens so gern, wie ich koche. Kochbücher konsumiere ich daher besonders gern (ja, man kann die auch lessen!) und Bücher, die Essensbezug haben, mag ich auch sehr. So wie den Fantasyroman Der Schrecksenmeister von Walter Moers.
Schrecksenmeister 1
Trotz des bunten Covers sicherlich kein Kinderbuch.
Das Buch erzählt in Ansätzen die Novelle 'Spiegel das Kätzchen' von Gottfried Keller nach (von diesem Autor kann ich auch sehr 'Die drei gerechten Kammmacher' empfehlen!). Die Grundstruktur der Geschichte bleibt gleich: Ein halbverhungertes Kätzchen schließt einen Pakt mit einem Hexenmeister, der verspricht, es so lange zu mästen, bis es schlachtreif ist und er durch Auskochen sein Fett gewinnen kann. Das Kätzchen schmiedet einen Plan, um dem sicheren Tod zu entkommen.

Moers baut aber die Geschichte um das Kätzchen Spiegel, das bei ihm ein magisches, der menschlichen Sprache mächtiges Krätzchen namens Echo ist, aus, und fügt ihr allerhand amüsante Szenen und irrsinnige Sprachgebilde hinzu

Schrecksenmeister 2
Und detailreiche Bilder, vom Autor handgezeichnet.
Vor allem die Absätze, in denen das Essen beschrieben wird, das der von Moers umgetaufte Schrecksenmeister Eißpin dem armen Echo serviert, um ihn möglichst schnell fett zu bekommen, sind extrem lustig zu lesen! Dies ist besonders der Fall, wenn man gerne isst und (viel zu) viele Blogs liest. An Schrecksenmeister Eißpin ist durchaus ein Foodblogger verloren gegangen ;) Kleine Kostproben gefällig? Aber gerne doch.

“Ich zeige dir jetzt, wie man Wein verkostet! (…) Wenn aus dir ein Feinschmecker werden soll, musst du auch etwas vom edlen Rebensaft verstehen.” (…) Eißpin nahm das Glas ganz nah an sein Gesicht, kniff das linke Auge zu und starrte mit dem rechten hinein. “Das Auge trinkt mit!”, sagte er. “Ist der Wein rot oder weiß?  Der Kenner kann daraus schließen, ob es sich um einen Rotwein oder einen Weißwein handelt. Faustregel: Ist der wein durchsichtig und von leicht goldener Färbung, dann könnte es sich um einen Weißen handeln. Ist er aber tintig und rot und versperrt dem Auge die Durchsicht, dann hat man es eventuell mit einem Rotwein zu tun. Ist er hingegen rosafarben und klar, dann handelt es sich um einen Rosé – den Zwitter unter den Weinen.” (114f)

Auch schön zu lesen, wie der Schrecksenmeister in seiner Küche werkelt – erinnert mich durchaus an die Akribie mancher Kollegen:

“Echo sah ihn eine Knoblauchzehe filetieren – er arbeitete dabei mit einem Seziermesser und einer Diamantschleiferlupe. Eine Aprikose wurde mit einer Rasierklinge und geschlagener Sahne rasiert, weil ihm der Flaum zu stoppelig war. Einmal war Echo Zeuge, als der Meister ein Fischei unter dem Mikroskop briet, vermittels einer glühenden Nadel.” (106)

Und mein Liebling (als ich die Stelle dem weltbesten Freund vorlesen wollte, musste ich so lachen, dass ich abbrechen musste!):

[Eißpin berichtet über nutzlose Küchengeräte, die sich in jeder Küche ansammeln] “Dies (…) ist das Verlies der sinnlosen Kücheninstrumente. Es gibt ein solches Verlies wohl in jder besser eingerichteten Küche. Ihre Insassen werden darin gehalten wie besonders gefährliche Insassen einer Irrenanstalt. (…) Welcher Koch (…) besitzt nicht ein solches Schnitzgerät, mit dem man ein Radieschen in eine Miniaturrose verwandeln kann? Erworben (…) in einem Augenblick geistiger Umnachtung, in der man sich ein Leben ohne Miniaturrosenschnitzgerät einfach nicht vorstellen konnte. (…) Oder das hier, mit dem man eine Kartoffel in eine fünf Meter lange Spirale aufschneiden kann! Oder hier, eine Quetsche zum Entsaften von Kohlrabis! Oder das hier – eine Pfanne, mit der man viereckige Pfannkuchen backen kann. [Anm.: Ich besitze eine solche.] (…) Nun fragt man sich, warum man diese Geräte nicht einfach auf den Müll schmeißt? (…) Der schnelle Tod auf der Müllhalde wäre zu gnädig. Nein, sie sollen in einem dunklen Verlies schmachten, zu ewiger Untätigkeit verdammt. Nur das ist die einzig gerechte Strafe für eine Kohlrabisaftpresse.” (110)

Haben wir nicht alle solche Küchengeräte? Seid ehrlich!

Ich könnte jetzt noch länger über das Buch weiterschwärmen, aber ich will euch ja nicht alles verraten ;) Esst ihr gerne, mögt Sprachspiele so sehr wie ich und steht auf abgedrehte Fantasy, kann ich den Kauf sehr empfehlen!

6 Kommentare:

  1. Hey Nadja,
    oh ja, das Buch fand ich auch grandios!
    Sehr viele der Moers-Bücher hat übrigens Dirk Bach als Hörbuch gelesen .. hochgradig empfehlenswert, falls sie dir mal in die Finger kommen.

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    1. Oh, da muss ich mal reinhören, die sind sicher unglaublich lustig :)

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  2. Ich hab so einen Milchaufschäumer. Den benutze ich auch nur selten!! Aber das Buch klingt unterhaltsam! Das werde ich mir mal näher ansehen, ich glaube sogar, mein Vater hat es.
    Warum berichtest du nicht über deine Kochbücher? Ich wäre sehr dankbar, für gute Empfehlungen. In der Buchhandlung bin ich der Abteilung immer total hilflos.

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    1. Guter Punkt :) Ich hab ziemlich viele, da könnt ich tatsächlich mal was drüber schreiben! Welche Kochbücher interessieren dich eigentlich besonders?

      Liebe Grüße
      Nadja

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  3. ich mochte das Buch auch total gerne, wie auch schon das Vorgängerbuch über die Stadt der träumenden Bücher :-)!

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    1. Grad als Blogger findet man sich wahrlich wieder :) Hast du auch so ein Regal mit unbenutzten Küchengeräten?

      Liebe Grüße
      Nadja

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